Warum fühlst du dich nach der Yogapraxis eigentlich jedes Mal so rundum wohl?
Diese Frage ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus von Wissenschaft und Medizin gekommen. Das zunehmende Interesse an den Auswirkungen von Yoga auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen zeigt sich deutlich, wenn man Yoga als Suchbegriff in die weltweit größte medizinische Datenbank (Pubmed) eingibt. Dort findet man derzeit 6809 wissenschaftliche Veröffentlichungen über Yoga.
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Bis zum Jahre 2000 waren es lediglich 639, das bedeutet, dass mehr als 90% der Studien aus den letzten zwei Jahrzehnten stammen. Yoga ist eine Jahrtausende alte indische Weisheit, die sich auch in unserer westlichen Welt etabliert hat und die nun über die traditionellen philosophischen Aspekte hinaus medizinisch-wissenschaftlich untersucht wird.
Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass Yoga tatsächlich molekular-biologische Prozesse in deinem Körper beeinflussen kann. Doch welche sind dies genau und wie passiert das? Vor allem aber, wie kannst du dies nutzen, um deine Gesundheit und dein Wohlbefinden zu steigern?
Ein zentraler Faktor, der durch Yoga beeinflusst werden kann, ist der sogenannte „brain-derived neurotrophic factor“ (BDNF). Ein im Gehirn gebildetes und die Nerven ernährendes Protein. BDNF gehört zu den sogenannten Neurotrophinen. Seine Bildung ist hoch reguliert, das bedeutet, dass der Körper die Bildung und Freisetzung dieses Proteins auf verschiedenen Ebenen kontrolliert. Auf der Gen-Ebene sind sogenannte Promotoren dem BDNF vorgeschaltet. Dies sind kleine Hebel, die die Transkription, also die Übersetzung des Gens in ein Protein, steuern. Wird solch ein Hebel betätigt, so wird im Inneren des Zellkerns DNA in die entsprechende RNA übersetzt, diese wird dann in der Zelle abgelesen und das entsprechende Protein wird gebildet. Diese Maschinerie zur Bildung von BDNF wird durch Yoga sozusagen eingeschaltet.
Eine Studie an 38 gesunden Probanden nach einem 3-monatigen Yoga-Retreat zeigte, dass eine regelmäßige Yogapraxis die Konzentration von BDNF im Körper auf das Dreifache gesteigert hatte (Cahn et al., 2017). Damit verbunden sank auch der empfundene Angst- und Stresslevel der Probanden. Interessanterweise wurden auch weitere Botenstoffe beeinflusst, wobei die Ausschüttung einiger dieser Faktoren als Reaktion auf das erhöhte BDNF verstanden werden könnte. Insgesamt veränderten sich bei den Probanden stressbedingte Reizantworten und alle berichteten über ein erhöhtes Wohlbefinden.
Eine weitere Studie zu diesem Thema bestätigte, dass nach einer täglichen Yoga-Übungseinheit von 90 Minuten über zwölf Wochen Steigerungen des BDNF-Levels zu verzeichnen waren (Tolahunase et al., 2017).
Über die Steigerung des Wohlbefindens gesunder Menschen hinaus, interessiert sich die medizinische Wissenschaft natürlich insbesondere dafür, wie Yoga auch kranken Menschen helfen kann.
So konnte durch eine Studie der positive Einfluss von Yoga im Rahmen einer Therapie gegen Depressionen belegt werden (Naveen et al. 2013). Bei Patient:innen, die nur eine einstündige Yoga-Einheit pro Woche mit oder ohne Antidepressiva erhielten, war der Rückgang der Depressionsschwere größer als bei Patienten, die ausschließlich ein Antidepressivum erhielten. Darüber hinaus konnte bei den Patient:innen, die nur Yoga als Therapie erhielten, ein signifikanter Zusammenhang zwischen Anstieg des BDNF-Blutspiegels und Besserung der Symptome nachgewiesen werden. Das heißt, dass Yoga durch einen Anstieg der körpereigenen Produktion von BDNF die Schwere der Depression verringert.
Eine Erklärung, warum durch Yoga der endogene, also vom Körper selbst produzierte, BDNF-Spiegel steigt, gibt es derzeit noch nicht. Vermutungen gibt es aber durchaus. So wird zum Beispiel angenommen, dass Yoga zu einer Aktivierung des präfrontalen Cortex führt. Der präfrontale Cortex ist der Bereich des Gehirns, in dem Gedächtnisinhalte mit emotionalen Bewertungen verknüpft werden. Eine Aktivierung des präfrontalen Cortex führt wiederum zu einer Steigerung des BDNF (Cahn et al., 2017).
Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft können wir also davon ausgehen, dass Yoga das Potential hat, nicht nur unser Wohlbefinden zu steigern, sondern auch zur Behandlung von bestimmten Erkrankungen eingesetzt werden kann.
In diesem Blog möchten wir dir in der nächsten Zeit den Inhalt einzelner Studien zu Yoga und Gesundheit näher vorstellen und dir damit noch mehr Motivation für deine tägliche Praxis geben.
Cahn BR, Goodman MS, Peterson CT, Maturi R, Mills PJ. Yoga, Meditation and Mind-Body Health: Increased BDNF, Cortisol Awakening Response, and Altered Inflammatory Marker Expression after a 3-Month Yoga and Meditation Retreat. Front Hum Neurosci. 2017 Jun 26;11:315. doi: 10.3389/fnhum.2017.00315.
Naveen GH, Thirthalli J, Rao MG, Varambally S, Christopher R, Gangadhar BN. Positive therapeutic and neurotropic effects of yoga in depression: A comparative study. Indian J Psychiatry. 2013 Jul;55(Suppl 3):S400-4. doi: 10.4103/0019-5545.116313.
Tolahunase M, Sagar R, Dada R. Impact of Yoga and Meditation on Cellular Aging in Apparently Healthy Individuals: A Prospective, Open-Label Single-Arm Exploratory Study. Oxid Med Cell Longev. 2017;2017:7928981. doi: 10.1155/2017/7928981. Epub 2017 Jan 16.
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